Die Verantwortung für die Pflege einer neuen Katze zu übernehmen, ist eine bereichernde und zugleich spannende Aufgabe. Doch genauso wie Menschen haben auch Katzen ganz unterschiedliche Persönlichkeiten – und manche tun sich schwerer damit, Vertrauen zu fassen und Freundschaften zu schließen.
Als Tierärztin und Katzenliebhaberin hatte ich im Laufe der Jahre mit den unterschiedlichsten Katzen zu tun – und auch zu Hause lebt eine besonders nervöse Katze mit mir.
Gerade die Sozialisierung einer schüchternen oder ängstlichen Katze, vor allem in einem neuen Umfeld, braucht Zeit und viel Geduld. Damit Ihre neue Katze sich öffnen und zu einem echten Gefährten werden kann, ist es wichtig, ihr ein bis zwei ruhige Rückzugsorte anzubieten, möglichst viele positive Erlebnisse mit ihr zu teilen – und dabei laute Geräusche und plötzliche Bewegungen konsequent zu vermeiden.
Anzeichen einer nervösen Katze
Katzen können aus ganz unterschiedlichen Gründen nervös oder schüchtern sein. Tiere, die aus einem Tierheim stammen oder als Wildkatzen aufgewachsen sind, hatten in ihrer frühen Lebensphase womöglich kaum Kontakt zu Menschen. Diese mangelnde Sozialisierung führt oft dazu, dass sie als erwachsene Katzen in neuen Situationen unsicher oder zurückhaltend reagieren.
Andere Katzen wiederum bringen von Natur aus einen ruhigeren, vorsichtigeren Charakter mit. Besonders in einer neuen Umgebung oder im Kontakt mit fremden Personen zeigen sie sich eher zurückhaltend oder angespannt. Manche Kätzchen haben zudem in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht – und verhalten sich deshalb bei künftigen Begegnungen verständlicherweise vorsichtiger.
Häufige Anzeichen dafür, dass Ihre Katze nervös ist:
- Verstecken
- Angespannte, geduckte Haltung
- Erweiterte Pupillen
- Häufige Lautäußerungen
- Schlechte Ernährung
- Toilettengang außerhalb der Katzentoilette
- Übermäßig wachsam, erschreckt leicht
Diese Anzeichen gelten grundsätzlich noch als normales Verhalten bei einer Katze, die sich in einer neuen Umgebung zurechtfinden muss, und sollten nachlassen, sobald sich das Tier eingelebt hat. Zeigt jedoch eine bereits eingewöhnte Katze plötzlich Anzeichen von Stress, empfiehlt es sich, sie zur Abklärung bei einer Tierärztin oder einem Tierarzt vorzustellen.
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Erlauben Sie einer schüchternen Katze, zu Ihnen zu kommen und zu lernen, dass Sie keine Bedrohung darstellen, sodass sie sich in Ihrer Nähe entspannen kann.
Die gute Nachricht ist: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Sie Ihrer schüchternen Katze helfen können, sich sicherer zu fühlen. Wenn Sie eine nervöse Hauskatze bei sich aufgenommen haben, können Ihnen die folgenden acht Schritte dabei helfen, Vertrauen aufzubauen und ihr die Eingewöhnung zu erleichtern.
1. Sorgen Sie für einen sicheren Raum
Der erste wichtige Schritt, um das Vertrauen Ihrer Katze zu gewinnen, besteht darin, ihr ein sicheres Versteck zur Verfügung zu stellen – am besten sogar mehrere. Es ist ganz natürlich, dass Katzen Rückzugsorte aufsuchen, wenn ihnen etwas zu viel wird. Für schüchterne Tiere ist das besonders wichtig. Geeignete Verstecke können ein gemütliches Katzenbett, erhöhte Sitzplätze oder auch ganz einfach ein stabiler Karton sein.
Wichtig ist, dass Ihre Katze jederzeit die Möglichkeit hat, sich zurückzuziehen, wenn sie das Bedürfnis danach hat. Meine eigene schüchterne Katze, Jazzy, verbrachte beispielsweise ihre ersten drei bis vier Tage bei uns fast ausschließlich unter dem Bett. Wenn Sie solche Rückzugsorte einrichten, achten Sie darauf, dass Futter, Wasser und Katzentoilette gut erreichbar und in der Nähe platziert sind.
2. Erstellen Sie eine Routine
Die meisten Katzen fühlen sich mit festen Routinen wohl. Gerade in einer neuen und ungewohnten Umgebung wirkt ein vorhersehbarer Tagesablauf beruhigend. Wenn bestimmte Dinge täglich zur gleichen Zeit stattfinden, hilft das der Katze, sich zu orientieren und Sicherheit zu gewinnen. Versuchen Sie deshalb, alltägliche Aufgaben möglichst in gleichbleibender Reihenfolge auszuführen – zum Beispiel das Reinigen der Katzentoilette, das Füttern oder gemeinsame Zeit mit Ihrem Tier.
Diese Verlässlichkeit gibt gerade nervösen Katzen Halt und kann ihr Selbstvertrauen stärken. Als wir Jazzy adoptierten, habe ich ihn jeden Morgen als erstes mit einem kleinen Leckerli begrüßt – nach kurzer Zeit wartete er dann schon zuverlässig zur gewohnten Uhrzeit draußen auf mich.
3. Lassen Sie sie zu Ihnen kommen
Wenn Sie eine Katze dazu drängen, mit Ihnen zu schmusen oder ständig ihre Nähe suchen, fördert das in der Regel keine Bindung – im Gegenteil. Auch wenn es gut gemeint ist, wird eine Katze Zuneigung, die sie nicht selbst initiiert, meist nicht genießen. Manche Tiere empfinden solche Annäherungsversuche sogar als Stress oder fühlen sich dadurch verunsichert.
Stattdessen ist es besser, einfach Zeit in ihrer Nähe zu verbringen und ihr regelmäßig Gelegenheiten zu geben, von sich aus auf Sie zuzukommen. Seien Sie geduldig. Geben Sie ihr den Raum, den sie braucht – und lassen Sie sie selbst entscheiden, wann der richtige Moment für Nähe gekommen ist.
4. Seien Sie ruhig

Genau wie wir fühlen sich Katzen durch ruhige Räume beruhigt, in denen ihre Sinne nicht durch starke Reize überlastet werden.
Wenn Sie es mit einer besonders ängstlichen Katze zu tun haben, ist es hilfreich, sich möglichst ruhig, klein und unaufdringlich zu verhalten. Katzen sind sehr sensible Wesen – laute Geräusche, intensive Gerüche oder eine zu dominante Präsenz können sie schnell verunsichern.
Verzichten Sie auf stark parfümierte Produkte, vermeiden Sie unnötigen Lärm und achten Sie darauf, Ihre neue Mitbewohnerin nicht zu überfordern. Auch innerhalb der Familie sollten nicht alle gleichzeitig auf das neue Tier zugehen. Stattdessen ist es besser, die einzelnen Begegnungen ruhig und schrittweise zu gestalten.
5. Lernen Sie die Körpersprache und Kommunikation von Katzen
Sprechen Sie „Katze“? Es lohnt sich, ein wenig über das Verhalten und die Kommunikationsweise von Katzen zu lernen. Denn durch ihre Körpersprache – etwa durch die Haltung des Schwanzes, Gesichtsausdrücke oder die gesamte Körperhaltung – können Sie viel darüber erfahren, wie sich Ihre Katze fühlt. So erkennen Sie, wann Zurückhaltung angebracht ist und wann Sie etwas mehr Nähe wagen dürfen.
Auch die verschiedenen Lautäußerungen richtig einzuordnen, kann hilfreich sein. Wussten Sie zum Beispiel, dass Katzen nicht ausschließlich aus Zufriedenheit schnurren? Oder dass sie meist nur mit Menschen miauen – kaum jedoch mit anderen Katzen? Wenn Sie diese Signale verstehen und richtig deuten, können Sie gezielt Vertrauen aufbauen. Ein einfacher Tipp: Starren Sie Ihre Katze nicht direkt an. Ein langsames, weiches Blinzeln wirkt beruhigend – und kann ein guter erster Schritt in Richtung Bindung sein.
6. Verwenden Sie synthetische Pheromone
Katzen kommunizieren untereinander – und auch mit uns – über Pheromone, also chemische Duftstoffe. Sie reiben ihren Kopf oder Körper an Möbeln, Wänden oder vertrauten Personen, um ihr Revier zu markieren und eine angenehme, sichere Umgebung zu schaffen. Diese Duftspuren helfen ihnen, sich an vertraute Orte und Gefährten zu erinnern.
Synthetisch hergestellte Pheromone, wie beispielsweise Feliway, können diesen natürlichen Prozess unterstützen. Sie senden Ihrer Katze beruhigende Signale und vermitteln ihr, dass ihr neues Zuhause ein sicherer und vertrauter Ort ist – ohne Bedrohung.
7. Ermutigen Sie zum Spielen
Spiel kann eine wunderbare, unkomplizierte Möglichkeit sein, um eine Bindung zu einer schüchternen Katze aufzubauen. Auch wenn eine Katze eher zurückhaltend ist, heißt das nicht, dass sie nicht dennoch Freude am Spielen haben kann. Beginnen Sie in aller Ruhe – zum Beispiel mit Spielzeug, mit dem sie sich alleine beschäftigen kann, wie einer mit Katzenminze gefüllten Stoffmaus oder einem weichen Kuscheltier. Nach und nach können Sie dann zu interaktiveren Spielen übergehen.
Unser schüchterner Kater Jazzy zeigte schon in den ersten Tagen sehr klar, dass er noch nicht bereit für Streicheleinheiten oder zu viel Trubel war. Aber spielen? Das liebte er. Jeden Abend sprang er fröhlich aus seinem Versteck, um seiner Beute nachzujagen – voller Energie und Freude.
8. Berühren Sie sanft
Das Thema Berührung habe ich ganz bewusst als letzten Schritt in dieser Anleitung aufgeführt. Denn die meisten Katzen möchten Sie erst in Ruhe kennenlernen und eine gewisse Bindung aufbauen, bevor sie sich pflegen lassen oder bereit für gemeinsames Spiel sind. Ich verstehe sehr gut, wie verlockend es ist, ein neues Haustier sofort auf den Arm zu nehmen und ausgiebig zu knuddeln – besonders, wenn es so niedlich ist wie eine Katze.
Doch gerade zu Beginn ist Geduld gefragt. Lassen Sie Ihrer Katze Zeit, von sich aus den Kontakt zu suchen. Ein guter erster Schritt ist, ihr ruhig die Hand hinzuhalten – und zu beobachten, ob sie daran schnuppert oder sich sogar an Ihnen reibt. Zeigt sie sich offen, können Sie vorsichtig mit der Berührung beginnen – etwa an Stellen, die viele Katzen als angenehm empfinden: an den Wangen, unter dem Kinn, zwischen den Ohren oder entlang des Rückens.
Vermeiden Sie empfindliche Körperstellen wie den Bauch oder die Pfoten – viele Katzen reagieren dort sehr sensibel. Bieten Sie stattdessen positive Verstärkung: Ein ruhiges Lob oder ein kleines Leckerli kann dazu beitragen, dass Ihre Katze Berührungen mit etwas Angenehmem verknüpft. Streicheln Sie sie lieber kurz, sanft und in regelmäßigen Abständen. So kann sie in ihrem eigenen Tempo Vertrauen aufbauen und sich mit jeder Berührung ein Stück sicherer fühlen.
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