Das ist eine Situation, die viele Katzenhalter kennen: Sie vermuten, dass Ihre Katze eine Infektion haben könnte, und in Ihrem Medizinschrank liegt noch Amoxicillin, das Ihnen einst vom Arzt verschrieben wurde. Nun fragen Sie sich: „Darf man Katzen Antibiotika für Menschen geben?“
Wenn es tatsächlich wirken würde, könnten Sie sich vielleicht den stressigen und teuren Besuch in der Tierarztpraxis sparen. Doch Sie sind unsicher, ob das wirklich unbedenklich ist. In diesem Artikel geht es darum, wie Antibiotika für Katzen ausgewählt werden, welche humanmedizinischen Antibiotika gelegentlich auch bei Katzen eingesetzt werden und welche Risiken mit der unsachgemäßen Anwendung solcher Medikamente verbunden sein können.
Über Antibiotika für Katzen: Wie sie wirken

Die Auswahl des passenden Antibiotikums für Ihre Katze kann kompliziert sein und sollte idealerweise der fachlichen Einschätzung einer Tierärztin oder eines Tierarztes überlassen werden.
Bevor wir klären können, ob es unbedenklich ist, Katzen Antibiotika für Menschen zu geben, ist es entscheidend zu verstehen, was Antibiotika überhaupt leisten und wie sie wirken. Ebenso wichtig ist es, nachzuvollziehen, wie und warum Tierärzt\:innen bestimmte Antibiotika auswählen.
Antibiotika bekämpfen grundsätzlich nur Bakterien – gegen Viren oder Pilze sind sie wirkungslos.
Antibiotika greifen Bakterien auf zwei grundlegende Arten an: Entweder wirken sie abhängig von einer bestimmten Konzentration im Körper, oder ihre Wirkung hängt davon ab, wie lange sie im Körper vorhanden sind.
Dabei nutzt jedes Antibiotikum einen eigenen Wirkmechanismus, um Bakterien zu bekämpfen. Nicht alle Bakterien sprechen auf jedes Antibiotikum an – manche bleiben gegenüber bestimmten Wirkstoffen völlig unempfindlich.
Antibiotika müssen vom Körper aufgenommen werden und den Ort erreichen, an dem die Bakterien die Infektion verursachen. Allerdings gibt es bestimmte Bereiche im Körper, die für Antibiotika schwer zugänglich oder nahezu undurchdringlich sind.
Bei der Auswahl eines geeigneten Antibiotikums werden all diese Aspekte berücksichtigt. Manche Bakterien siedeln sich bevorzugt in bestimmten Körperregionen an – etwa in den Harnwegen, im Mundraum oder in den Atemwegen. Wenn Ihre Katze zum Beispiel eine nachgewiesene Harnwegsinfektion hat, weiß Ihre Tierärztin oder Ihr Tierarzt, welche Antibiotika die Blase gut erreichen und im Urin wirksame Konzentrationen aufbauen.
Viele Bakterien besitzen zudem die Fähigkeit, sich anzupassen und zu verändern, wodurch sie unempfindlich gegenüber bestimmten Antibiotika werden können. In solchen Fällen zeigt das ursprünglich verabreichte Medikament möglicherweise keine Wirkung.
Um herauszufinden, welches Antibiotikum in solchen Situationen wirksam ist, kann die Tierärztin oder der Tierarzt eine Bakterienkultur anlegen. Dabei wird ermittelt, welche Bakterienart vorliegt – und welches Antibiotikum gezielt dagegen eingesetzt werden kann.
Welche Wirkung haben Antibiotika bei Katzen?

Bei einer bakteriellen Infektion Ihrer Katze können Antibiotika zwar erforderlich sein – dennoch sind sie nicht immer die passende Behandlung für die konkrete Erkrankung.
Mit wenigen Ausnahmen töten Antibiotika ausschließlich Bakterien ab – deshalb sind sie bei vielen anderen Erkrankungen nicht wirksam. Das gilt insbesondere für Virusinfektionen, die bei Katzen recht häufig auftreten und ähnliche Symptome wie bakterielle Infektionen zeigen können.
Allein durch Beobachtung zu Hause ist es oft sehr schwierig zu erkennen, ob Ihre Katze tatsächlich an einer bakteriellen Infektion leidet. Viele Symptome, die auf eine bakterielle Infektion hinweisen könnten, treten ebenso bei anderen Infektionsarten oder bei nichtinfektiösen Ursachen auf.
Fieber ist ein gutes Beispiel für ein unspezifisches Symptom – es kann viele verschiedene Ursachen haben und ist keineswegs auf bakterielle Infektionen beschränkt. Auch bei Virusinfektionen, Verletzungen oder Entzündungen im Körper kann Fieber auftreten. In vielen dieser Fälle wären Antibiotika keine geeignete Behandlung.
Zudem vermuten viele Menschen fälschlicherweise, dass ihre Katze Fieber hat, nur weil sie Anzeichen wie Teilnahmslosigkeit, Appetitlosigkeit, Rückzugsverhalten oder eine „erwärmt wirkende“ Körperoberfläche zeigt.
Ein weiteres anschauliches Beispiel ist eine Katze, die plötzlich häufig uriniert, presst oder die Katzentoilette nicht mehr richtig benutzt. Viele Halter innen gehen dann sofort davon aus, dass es sich um eine Harnwegsinfektion (HWI) handelt. Tatsächlich können diese Symptome aber auch durch andere Ursachen ausgelöst werden – etwa durch Stress, Reviermarkierungsverhalten, eine sterile bzw. nichtinfektiöse Blasenentzündung, Harnkristalle oder Blasensteine.
Wird in solchen Fällen fälschlicherweise ein Antibiotikum eingesetzt, bleibt die eigentliche Ursache der Beschwerden unbehandelt – was die Situation sogar verschlimmern kann. Zudem erhöht der unnötige Einsatz von Antibiotika das Risiko für Resistenzentwicklungen, wodurch das Medikament bei einer echten Infektion in der Zukunft möglicherweise nicht mehr wirkt.
Damit ein Antibiotikum sinnvoll eingesetzt werden kann, muss eine klare Diagnose der zu behandelnden Erkrankung vorliegen. Auf Basis der vorliegenden Befunde sollte zumindest ein begründeter Verdacht auf eine entsprechende Erkrankung bestehen. Das Sammeln dieser Informationen und die Entscheidung, ob ein Antibiotikum angebracht ist, sollte der fachlichen Einschätzung einer Tierärztin oder eines Tierarztes überlassen werden.
Welche Arten von Antibiotika für Menschen sind für Katzen sicher?

Die unsachgemäße Anwendung eines Antibiotikums bei Ihrer Katze kann unerwünschte Nebenwirkungen verursachen.
Jedes Medikament kann potenzielle Nebenwirkungen verursachen – dazu zählen unter anderem Erbrechen, Durchfall und weitere Beschwerden. Solche Reaktionen können selbst dann auftreten, wenn ein von der FDA speziell für Katzen zugelassenes Antibiotikum verwendet wird.
Es gibt zudem Antibiotika, die nicht von der FDA für die Anwendung bei Katzen zugelassen sind und außerhalb des vorgesehenen Zulassungsbereichs eingesetzt werden. Dennoch können Tierärzt\:innen solche Präparate in geprüften Dosierungen sicher verwenden.
Das Risiko für Nebenwirkungen ist deutlich höher, wenn ein Antibiotikum verwendet wird, das gar nicht für die Anwendung bei Katzen vorgesehen ist.
Es ist entscheidend zu verstehen, dass es Antibiotika gibt, die zwar beim Menschen eingesetzt werden, bei Katzen jedoch nicht verwendet werden dürfen – und umgekehrt. In der Regel liegt das an den Unterschieden in der Art und Weise, wie Katzen und Menschen bestimmte Wirkstoffe verstoffwechseln und aus dem Körper ausscheiden.
Ein gutes Beispiel dafür sind Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone. Pradofloxacin (Veraflox) ist von der FDA speziell für die Anwendung bei Katzen zugelassen. Ein nah verwandter Wirkstoff, Marbofloxacin (Zeniquin), kann außerhalb des Zulassungsbereichs ebenfalls zur Behandlung von Katzen eingesetzt werden. Für beide Präparate existieren keine generischen Varianten für den Humanbereich – sie kommen ausschließlich in der Veterinärmedizin zum Einsatz.
Ciprofloxacin hingegen, ebenfalls ein Fluorchinolon, ist ein Breitbandantibiotikum, das beim Menschen häufig verwendet wird. Bei Katzen wird es in der Regel nicht verschrieben, da sie es schlecht verstoffwechseln und seine Wirksamkeit im Vergleich zu ähnlichen tiermedizinischen Präparaten deutlich geringer ist.
Der Einsatz eines ungeeigneten Antibiotikums kann zu ernsthaften Nebenwirkungen oder sogar zu toxischen Reaktionen führen, wenn die Katze den Wirkstoff nicht richtig verstoffwechseln und ausscheiden kann. Selbst wenn keine unmittelbaren Nebenwirkungen auftreten, kann die falsche Wahl des Antibiotikums dazu führen, dass die Infektion bestehen bleibt oder sich verschlimmert. Zudem trägt eine solche Fehlanwendung zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen bei.
Welche Antibiotika-Dosierungen sind für Katzen unbedenklich?

Aufgrund von Unterschieden in Körpergröße und Stoffwechsel können die Dosierungen selbst bei vergleichbaren Antibiotika zwischen Menschen und Katzen erheblich voneinander abweichen.
Antibiotika sind in unterschiedlichen Dosierungen erhältlich, meist angegeben in Milligramm. Bei Haustieren variiert die benötigte Dosis stark und wird in der Regel basierend auf dem Körpergewicht der Katze in Kilogramm berechnet.
Da Katzen wesentlich kleiner sind als Menschen, wäre eine Dosis aus Ihrer Hausapotheke für sie viel zu hoch. So entspricht beispielsweise eine Einzeldosis von 500 mg Amoxicillin – wie sie bei Erwachsenen üblich sein kann – einem Vielfachen der Menge, die eine durchschnittlich 4,5 Kilogramm schwere Katze benötigt. Eine solche Überdosierung kann sehr wahrscheinlich unerwünschte Nebenwirkungen auslösen, vor allem im Magen-Darm-Trakt.
Auch die Dosierung eines Antibiotikums ist nicht bei jeder Erkrankung gleich. So kann die empfohlene Menge bei einer Atemwegsinfektion von der bei einer Harnwegsinfektion oder einer Hautinfektion abweichen.
Doch nicht nur die Dosierung spielt eine Rolle – auch die Häufigkeit der Verabreichung ist je nach Indikation unterschiedlich. Manche Antibiotika müssen nur einmal täglich gegeben werden, andere hingegen zweimal am Tag.
Selbst innerhalb verschiedener Anwendungsgebiete kann die Häufigkeit der Verabreichung variieren – etwa alle 24, 12 oder 8 Stunden. Wenn Sie bei einer Erkrankung, die eine dreimal tägliche Gabe erfordert, nur einmal täglich eine Dosis verabreichen, behandeln Sie die Infektion nicht wirksam. Im Gegenteil: Sie fördern damit sogar die Entstehung von Antibiotikaresistenzen.
Die einzig sichere Antibiotikadosis für Ihre Katze ist diejenige, die Ihre Tierärztin oder Ihr Tierarzt individuell verschreibt.
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