Heutzutage ist „getreidefrei“ in aller Munde. Ob bei unserer eigenen Ernährung oder beim Futter für unsere Katzen – überall hört man Meinungen, Trends und Empfehlungen. Doch was steckt wirklich hinter getreidefreier Ernährung für Katzen?
Ist Getreide wirklich schlecht für Katzen? Und wie sieht es mit Kohlenhydraten und Gluten aus?
Man darf nicht vergessen, dass Katzen echte Fleischfresser sind – und das seit jeher. Doch stellt sich die Frage: Können bestimmte dieser Inhaltsstoffe für unsere Katzen tatsächlich problematisch sein?
Entscheidet man sich dafür, seiner Katze getreidefreies Futter zu geben, betritt man ein umstrittenes Terrain. Wer online nach dem Thema sucht, stößt schnell auf Fragen wie: „Ist getreidefreies Futter schädlich für Katzen?“
„Führt eine getreidefreie Ernährung bei Katzen zu Herzproblemen? Besteht ein Zusammenhang mit DCM? Wie sieht es mit Durchfall oder der Aminosäure Taurin aus?“
Um all diese Fragen verständlich zu klären, fangen wir von Grund auf an.
Was sind getreidefreie Diäten?
Getreidefreie Diäten sind genau das, was der Name sagt: Es handelt sich um Futtermittel, die kein Getreide enthalten. Die gängigsten Getreidearten in Katzenfutter sind Weizen, Gerste, Reis, Mais und Hafer.
Eine getreidefreie Fütterung bedeutet allerdings nicht automatisch, dass das Futter frei von Kohlenhydraten ist. Wenn Hersteller Getreide aus kommerziellem Katzenfutter entfernen, ersetzen sie die Kohlenhydrate oft durch Zutaten wie Kartoffeln, Tapioka, Linsen, Erbsen, Yamswurzeln sowie gelegentlich Karotten, Bohnen oder Preiselbeeren. Es ist zudem nicht unüblich, dass ein getreidefreies Futter genauso viele – wenn nicht sogar mehr – Kohlenhydrate enthält wie ein vergleichbares Produkt mit Getreide.
Wie unterscheiden wir zwischen Getreide, Kohlenhydraten, Cerealien und Gluten?

Wenn es um Katzenfutter geht, werden Kohlenhydrate, Getreide, Cerealien und Gluten oft in eine Kategorie gesteckt.
Die Begriffe Getreide und Cerealien werden im Allgemeinen gleichbedeutend verwendet. Als Cerealien gelten alle Grasarten, die aufgrund ihrer Körner angebaut werden.
Kohlenhydrate hingegen bestehen aus Molekülverbindungen, die Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffatome enthalten. Diese Verbindungen kennen wir als Zucker, Stärke und Ballaststoffe. Beim Abbau und der Verstoffwechselung dieser Verbindungen wird Energie in Form von Glukose freigesetzt.
Diese Energie dient anschließend als grundlegende Brennstoffquelle für sämtliche Zellprozesse in unserem Körper. Kohlenhydrate finden sich typischerweise in Obst, Getreide bzw. Müsli, Gemüse und Milchprodukten.
Gluten hingegen ist ein Protein und besitzt daher eine ganz andere Molekülstruktur und Funktion als Kohlenhydrate. Es trägt dazu bei, dass Lebensmittel ihre Form behalten, und ist in Weizen, Roggen, Gerste, Triticale sowie Hafer enthalten.
All diese Getreidearten zählen zu den Getreiden, aber nicht jedes Getreide enthält Gluten. Zu den glutenfreien Getreidearten gehören zum Beispiel Mais, Hirse, Reis und Sorghum. Immer noch verwirrt – oder ist jetzt alles glasklar? Warum ist das überhaupt relevant, und was hat das Ganze mit der „Katzen–Kohlenhydrate–Getreide“-Debatte zu tun?
Sind Kohlenhydrate gut für Katzen?
Es gibt eine Vielzahl an Lehrbüchern, wissenschaftlichen Studien, Artikeln, Videos und sogar Fernsehsendungen, die sich mit dem Thema Katzen und Kohlenhydrate beschäftigen.
Ich versuche es mal einfach zu halten:
- Katzen sind obligate Fleischfresser. Das heißt, sie müssen bestimmte Nährstoffe über tierische Quellen aufnehmen. Sie können nicht vegetarisch oder vegan ernährt werden – es sei denn, ein industriell hergestelltes Katzenfutter wird gezielt mit künstlich zugesetztem Taurin und anderen essenziellen Mikronährstoffen ergänzt, die üblicherweise in tierischen Produkten vorkommen.
- Katzen brauchen in ihrer Ernährung keine Kohlenhydrate. Sie sind so spezialisiert, dass sie ihren gesamten Energiebedarf für Zellfunktionen und das Überleben aus Nahrungsproteinen decken können.
- Auch wenn Katzen nicht zwingend auf Kohlenhydrate angewiesen sind, können sie diese problemlos verdauen und in Form von Glukose zur Energiegewinnung verwerten. Der Vorteil dabei: Wenn Kohlenhydrate als Energiequelle genutzt werden, bleibt mehr Protein für andere lebenswichtige Aufgaben erhalten – zum Beispiel für den Sauerstofftransport im Blut, die Bildung von Antikörpern zur Abwehr von Infektionen, oder für den Aufbau neuer Zellen, die für Wachstum und Gewebereparatur wie bei Muskeln notwendig sind. Proteine sind das Grundgerüst jedes Organs, jeder Knochenstruktur, Haut, Haare und sämtlichen lebenden Gewebes – und Katzen haben von Natur aus einen höheren Bedarf an Proteinen als Hunde.
- Kohlenhydrate liefern aber nicht nur Energie. Sie übernehmen auch wichtige zusätzliche Funktionen im Körper. Eine davon ist die Unterstützung der Verdauungsgesundheit. Vollkornprodukte – besonders deren Ballaststoffe – spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie helfen, den Stuhlgang zu regulieren und fördern ein gesundes Mikrobiom, indem sie den „guten“ Darmbakterien Energie liefern. Außerdem tragen sie zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels bei, was sowohl bei der Vorbeugung als auch bei der Behandlung von Diabetes eine Rolle spielt. Zudem fördern sie das Sättigungsgefühl, was beim Abnehmen helfen kann. Neuere Erkenntnisse deuten auch darauf hin, dass Ballaststoffe aus Getreide mit einem gesunden Herz-Kreislauf-System beim Menschen in Verbindung stehen.
Wenn es um das Thema Katzen und Kohlenhydrate geht, scheinen all die oben genannten Aspekte in einem regelrechten Strudel der Kontroverse zu verschwimmen – aufgespalten, neu zusammengesetzt und miteinander verwoben.
Im weiteren Sinne – und nicht zuletzt durch die Diskussionen rund um Nahrungsmittelunverträglichkeiten, insbesondere im Zusammenhang mit Gluten – hat dieses Thema inzwischen auch Auswirkungen auf Katzen und glutenhaltiges Getreide.
Ist eine getreidefreie Ernährung gut für Katzen?

Es gibt mehrere Kontroversen bezüglich Getreide für Katzen.
Werfen wir einen Blick auf einige der umstrittensten Aspekte rund um Katzen, Getreide und Gluten.
Katzenallergien und die fehlende Verbindung zu Getreide und/oder Gluten
Reagieren Katzen empfindlich auf Getreide und/oder Gluten? Ich konnte bislang keine aussagekräftige, von Fachleuten überprüfte wissenschaftliche Studie finden, die diese Annahme in größerem Umfang stützt.
Klar ist: Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass unsere vierbeinigen Mitbewohner an Zöliakie leiden. Die wichtigsten Nahrungsmittelallergene, die laut Studien bei Katzen Überempfindlichkeiten oder allergische Reaktionen auslösen, sind in erster Linie Proteine aus Fleisch – vor allem aus Rind, Milchprodukten und Fisch.
Auch Hühnerfleisch kann ein möglicher Auslöser sein, aber Mais wurde lediglich in einer einzigen Studie bei 4 von 56 Katzen als problematisch identifiziert. Wenn eine Katze tatsächlich eine Nahrungsmittelallergie gegen ein bestimmtes Getreide hat, liegt das sehr wahrscheinlich am darin enthaltenen Protein (oft im Gluten), das die Reaktion auslöst. Sichtbare klinische Symptome sind unter anderem starker Juckreiz, übermäßiger Haarausfall bis hin zu kahlen Stellen sowie entzündete Haut.
In einem solchen Fall empfiehlt sich ein Futterversuch mit einer getreidefreien Diät – jedoch nur unter sorgfältiger tierärztlicher Aufsicht und erst, nachdem andere mögliche Ursachen ausgeschlossen wurden.
Getreidefreie Ernährung und Herzerkrankungen (DCM)
Was wissen wir also bisher? Katzen benötigen keine Kohlenhydrate und können ihren gesamten Energiebedarf auf Zellebene durch Proteine decken. Da liegt der Schluss nahe: kohlenhydratarme und/oder getreidefreie Diäten sind also die ideale Lösung. Klingt logisch, oder? Falsch gedacht.
An dieser Stelle beginnt die Debatte rund um getreidefreie Ernährung und DCM – die dilatative Kardiomyopathie.
Im Juni 2018 begann die US-amerikanische Lebensmittelbehörde (FDA), einen möglichen Zusammenhang zwischen bestimmten Diäten und der dilatativen Kardiomyopathie (DCM) bei Hunden zu untersuchen. Diese Diäten werden mittlerweile als „BEG“-Diäten bezeichnet – also solche, die von Boutique-Herstellern stammen, exotische Zutaten enthalten oder getreidefrei sind.
Die Untersuchung der FDA läuft noch, aber es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte BEG-Diäten, bei denen Hülsenfrüchte oder Kartoffeln zu den Hauptzutaten zählen, mit dem Auftreten dieser Herzerkrankung bei Hunden – und in geringerem Ausmaß auch bei Katzen – in Verbindung stehen könnten.
DCM ist eine Erkrankung, bei der der Herzmuskel an Elastizität verliert, was zu einer Vergrößerung des Herzens führt. In diesem erweiterten Zustand fällt es dem Herzmuskel zunehmend schwer, das Blut effizient durch den Körper zu pumpen. Das kann zu Undichtigkeiten an den Herzklappen führen sowie zu Flüssigkeitsansammlungen im Brust- und Bauchraum.
Unbehandelt kann die Erkrankung in eine Herzinsuffizienz übergehen – und letztlich tödlich verlaufen, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und medizinisch versorgt wird.
Getreidefreies Katzenfutter & Taurin
Welche Rolle spielt nun Taurin in diesem Zusammenhang? Taurin ist ein essenzieller Nährstoff im Katzenfutter, und ein Mangel daran gilt als gut belegte mögliche Ursache für DCM.
Interessanterweise zeigen jedoch die meisten Hunde, bei denen DCM in Verbindung mit dem Verzehr von BEG-Futter festgestellt wurde, keinen Taurinmangel. Außerdem könnte die zusätzliche Gabe von Taurin zu kommerziellem Futter – insbesondere angesichts der unzureichenden Qualitätskontrollen bei Nahrungsergänzungsmitteln – potenziell mehr schaden als nützen.
Ist getreidefreies Futter also schlecht für Katzen?
Letztlich ist das Urteil über den Zusammenhang zwischen Taurin und DCM bei Katzen noch nicht abschließend gefällt, da sich die Forschung bislang überwiegend auf Hunde konzentriert hat.
Hinzu kommt, dass bei der großen Mehrheit der Hunde, bei denen eine ernährungsbedingte DCM festgestellt wurde, die genaue Ursache weiterhin unbekannt ist.
Dieses Thema wird derzeit sowohl von der FDA als auch von unabhängigen veterinärmedizinischen Ernährungsexpert:innen und Forschungseinrichtungen intensiv untersucht. Mit etwas Glück stehen uns schon bald genauere Erkenntnisse zur Verfügung.
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https://vetnutrition.tufts.edu/2017/07/research-update-new-insight-into-grain-free-cat-diets/
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https://vcahospitals.com/know-your-pet/whats-in-my-cats-food-designer-diets-grain-free-diets
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https://www.hillspet.com/cat-care/nutrition-feeding/what-is-grain-free-cat-food
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https://www.petmd.com/cat/nutrition/grain-free-cat-food-better