So gewöhnen Sie ein Kätzchen richtig ein: 6 Tierärztlich empfohlene Schritte

Aktie Email Pinterest Linkedin Twitter Facebook

Die beste Zeit, ein Kätzchen zu sozialisieren, ist von Anfang an – idealerweise gemeinsam mit seiner Mutter. Wenn Ihre Katze also Nachwuchs bekommen hat, lohnt es sich, frühzeitig an die Sozialisierung der Kleinen zu denken.

In den meisten Fällen jedoch ist ein neues Kätzchen bereits einige Zeit von seiner Mutter getrennt, bevor es zu Ihnen kommt – sei es als von Hand aufgezogenes Waisenkätzchen oder als Findling, der über ein Tierheim oder eine Tierschutzorganisation zu Ihnen gelangt ist. Dennoch lässt sich auch dann noch viel erreichen: Je früher Sie mit der Sozialisierung beginnen, desto besser.

Unabhängig von den Umständen ist es wichtig, ein Kätzchen zu sozialisieren. So kann es sich besser an das Leben in einem menschlichen Zuhause gewöhnen und sich zu einem selbstsicheren, freundlichen Familienmitglied entwickeln.

Was bedeutet es, ein Kätzchen zu sozialisieren?

Im Alter von etwa 2 bis 7 Wochen überwiegt die Neugier eines Kätzchens seine Angst.

Wenn wir von der „Sozialisierung“ von Kätzchen sprechen, meinen wir die gezielte Nutzung einer entscheidenden Entwicklungsphase, um ihnen zu helfen, sich zu starken und geselligen Katzen zu entwickeln. Zwischen der 2. und 7. Lebenswoche ist das Gehirn eines Kätzchens besonders aufnahmefähig für neue Eindrücke – man spricht in diesem Zusammenhang vom Sozialisierungsfenster.

In dieser Zeit nehmen sie neue Erfahrungen eher mit Neugier als mit Angst auf und speichern sie als „normal“ ab. Anders gesagt: In dieser Phase lernt Ihr Kätzchen, was es heißt, eine moderne Hauskatze zu sein – und entwickelt die Fähigkeiten, die es braucht, um sich in seiner Umgebung sicher zurechtzufinden.

Ohne positive Erfahrungen mit Menschen – wie es bei wild geborenen Kätzchen häufig der Fall ist – entwickeln Katzen in diesem Alter leicht Ängste gegenüber Menschen, Autos, Häusern und anderen Aspekten des modernen Lebens. Das kann es später sehr schwierig machen, sie zu zähmen.

Eine wirklich wilde Katze wird sich in einem modernen Haushalt meist nicht wohlfühlen und muss unter Umständen auf andere Weise betreut werden. Es gibt jedoch viele Zwischenformen – etwa ein Kätzchen, das nur wenig sozialisiert wurde, oder eine streunende Katze, die zwar scheu ist, aber nicht wirklich verwildert.

In solchen Fällen können Sie einer Katze helfen, sich in der Nähe von Menschen wohler zu fühlen, indem Sie ähnliche Schritte wie bei der Sozialisierung anwenden. Streng genommen handelt es sich dabei jedoch nicht mehr um „Sozialisierung“, da die Katze sich nicht mehr in der entsprechenden Phase der Gehirnentwicklung befindet. Trotzdem können solche Bemühungen dazu führen, dass die Katze Vertrauen fasst und ein zufriedenes Leben führt.

Wenn wir möchten, dass unsere Katzen glücklich sind, sollten sie die Nähe von Menschen genießen können und sich in unserem Zuhause sicher und geborgen fühlen. Dafür ist es wichtig, dass sie regelmäßig positiven Reizen begegnen – nur so kann sich Vertrauen nachhaltig aufbauen.

Sie sollten Ihr Kätzchen beispielsweise mit folgenden Dingen vertraut machen:

  • Umgang mit dem Menschen (einschließlich tierärztlicher Untersuchungen)
  • Die Transportbox und Autofahrten
  • Körperpflege und das Zähneputzen
  • Geräusche wie Feuerwerk oder Gewitter
  • Verschiedene Sorten von Katzenstreu und Katzentoiletten
  • Unterschiedliche Futtertexturen (Nass- und Trockenfutter)
  • Begegnungen mit verschiedenen Menschen – idealerweise unterschiedlichen Alters und Herkunft
  • Verschiedene Arten von Spielzeug
  • Andere Haustiere

So sozialisieren Sie ein wildes Kätzchen in 6 einfachen Schritten

Die Sozialisierung sollte idealerweise vor der 7. Lebenswoche stattfinden – wenn Sie ein Kätzchen adoptieren, haben Sie darauf oft nur begrenzten Einfluss.

Versuchen Sie, einen seriösen Züchter oder engagierten Tierschützer zu finden, der die Kätzchen bereits gut sozialisiert hat, bevor Sie sie übernehmen. Wenn Ihre eigene Katze Nachwuchs bekommen hat oder Sie ein verwaistes Kätzchen mit der Hand aufziehen, liegt es an Ihnen, die Sozialisierung rechtzeitig vorzunehmen – bevor die Kleinen in ihr neues Zuhause umziehen. Hier sind einige Tipps:

1. Fangen Sie klein an

Setzen Sie Ihr Kätzchen potenziell beängstigenden Dingen nur in kleinen Dosen aus, um es nicht zu überfordern.

Überfordern Sie Ihr Kätzchen nicht – vermeiden Sie es, es gleich in potenziell beängstigende Situationen zu bringen. Beginnen Sie stattdessen in kleinen Schritten. Geräusche sollten anfangs nur leise oder aus einem anderen Raum zu hören sein. Heben Sie Ihr Kätzchen nicht sofort für längere Zeit hoch. Wenn es neue Menschen kennenlernt, reichen kurze Besuche völlig aus.

Lassen Sie Ihr Kätzchen andere Tiere zunächst mehrfach durch eine sichere Barriere beobachten, bevor ein direkter Kontakt stattfindet. Sobald es sich an diese Reize in ihrer abgeschwächten Form gewöhnt hat, können Sie allmählich zu längerer Handhabung und lauteren Geräuschen übergehen.

2. Machen Sie es positiv

Das Spielen mit Kätzchen mithilfe von Spielzeug ist eine großartige Möglichkeit, positive Assoziationen zu bilden.

Wichtig ist, dass diese Erfahrungen positiv bleiben – das Letzte, was Sie möchten, ist, Ihr Kätzchen zu erschrecken oder mit negativen Eindrücken zu konfrontieren. Verwenden Sie daher positive Verstärker: Zum Beispiel Futter oder Leckerlis für bereits entwöhnte Kätzchen – oder die Nähe zur Mutter bei noch nicht entwöhnten Tieren –, um die Situation angenehm zu gestalten.

Auch Spielzeug kann helfen, positive Assoziationen aufzubauen. Nutzen Sie zum Beispiel ein Spielzeug an einer Schnur, um die Aufmerksamkeit Ihres Kätzchens spielerisch von möglicherweise beängstigenden Reizen abzulenken.

3. Reagieren Sie auf die Stimmung Ihres Kätzchens

Wenn ein Kätzchen von einem neuen Reiz oder einer neuen Interaktion überwältigt wird, schalten Sie einen Gang zurück und versuchen Sie es später erneut.

Wenn Ihr Kätzchen Anzeichen von Angst zeigt, ist es wichtig, sensibel zu reagieren und die Situation für das Tier weniger bedrohlich zu gestalten. Reduzieren Sie die Lautstärke, setzen Sie das Kätzchen behutsam ab oder schaffen Sie mehr Abstand zu dem angstauslösenden Reiz.

Manche empfehlen eine sogenannte „Überflutung“ – also das Kätzchen trotz seiner Angst immer wieder mit dem angstauslösenden Reiz zu konfrontieren, in der Hoffnung, dass es diesen irgendwann als ungefährlich einstuft. Von dieser Methode ist jedoch dringend abzuraten: Sie birgt ein hohes Risiko, langfristige Ängste oder sogar Phobien zu fördern.

4. Wiederholen, wiederholen, wiederholen

Kätzchen

Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kätzchen wiederholt positiven Kontakten ausgesetzt wird, damit es sich daran gewöhnt.

Es reicht nicht aus, ein Kätzchen nur einmal zu sozialisieren und es dann dabei zu belassen. Viel wirksamer ist eine regelmäßige, wiederholte Sozialisierung. Das bedeutet: Zwischen der zweiten und siebten Lebenswoche sollten alle relevanten Sozialisierungsthemen mehrfach aufgegriffen werden – nur so lässt sich sicherstellen, dass die Erfahrungen langfristig positiv verankert werden.

5. Beziehen Sie Mama mit ein

Wenn Sie eine gute Bindung und Beziehung zur Mutterkatze haben, wird sie diese positiven Schwingungen an die Kätzchen weitergeben.

Wenn die Mutter Ihres Kätzchens in der Nähe ist, ist es wichtig, ihr Vertrauen zu gewinnen. Sie vermittelt ihren Jungen, was sicher und vertraut ist – und was potenziell bedrohlich oder neu. Eine gute Beziehung zur Mutterkatze ist daher entscheidend. Wenn Sie eine trächtige Katze aufnehmen, versuchen Sie, bereits vor der Geburt der Kätzchen eine stabile Bindung zu ihr aufzubauen.

6. Folgen Sie einem Diagramm

Es kann hilfreich sein, schriftlich festzuhalten, welchen Dingen Sie die Kätzchen ausgesetzt haben und wie oft.

Es ist sinnvoll, einem strukturierten Sozialisierungsplan zu folgen, um sicherzustellen, dass Sie alle wichtigen Aspekte berücksichtigen. Solche Pläne listen gezielt auf, welchen Reizen Sie Ihr Kätzchen aussetzen sollten – und erinnern Sie daran, diese Erfahrungen regelmäßig zu wiederholen. Auch eine spezielle Sozialisierungs-Playlist mit Alltagsgeräuschen kann hilfreich sein, damit kein relevanter Klang vergessen wird.

Wie sozialisiert man ein verängstigtes Kätzchen?

Durch die Sozialisierung eines Kätzchens wird es zu einem Menschen heranwachsen, der ihn akzeptiert – natürlich zu seinen eigenen Bedingungen.

Die Sozialisierung von Kätzchen ist von großer Bedeutung. Es sind gerade diese frühen, positiven Erfahrungen, die darüber entscheiden, ob ein Tier scheu und zurückgezogen bleibt – oder sich zu einem vertrauensvollen Familienmitglied entwickelt. Kätzchen, die früh an menschlichen Kontakt und die typischen Alltagsgeräusche gewöhnt werden, zeigen als erwachsene Katzen deutlich weniger Stressverhalten.

Sie sind weniger anfällig für stressbedingte Erkrankungen, lassen sich leichter pflegen, problemlos zum Tierarzt bringen – und genießen die Nähe ihrer Menschen umso mehr.

Was passiert, wenn Sie ein Kätzchen nicht sozialisieren?

Kätzchen, die in jungen Jahren nicht sozialisiert und angeleitet werden, haben möglicherweise Angst vor menschlichem Kontakt und verstecken sich viel.

Auch ohne gezielte Sozialisierungsmaßnahmen kann ein Kätzchen positive Erfahrungen machen, wenn es in einem familiären Umfeld aufwächst. Ein Kätzchen, das in einem Haushalt lebt, täglich von Menschen gefüttert wird und alltägliche Geräusche wahrnimmt, sammelt automatisch Eindrücke, die es mit menschlicher Nähe in Verbindung bringt.

Im Vergleich dazu steht eine Wildkatze, die als Jungtier nie mit solchen Reizen in Berührung gekommen ist. Daran wird deutlich: Sozialisierung ist kein starrer Zustand, sondern ein Spektrum – mit vielen möglichen Wegen und sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

Wird ein Kätzchen überhaupt nicht sozialisiert und macht es keine positiven Erfahrungen mit Menschen, kann es sich wie ein wildlebendes Tier verhalten: Es meidet den Kontakt, versteckt sich häufig und reagiert im schlimmsten Fall mit Aggression, wenn es berührt wird. Solche Katzen erleben das Leben im Haus oft als starken Stress – in manchen Fällen ist es dann besser, ihnen ein Leben als sogenannte Scheunenkatze zu ermöglichen, wo sie mit minimalem menschlichem Kontakt auskommen.

Die meisten Kätzchen, die in einem Familienhaushalt aufwachsen, werden jedoch ganz automatisch ein Stück weit sozialisiert. Sie gewöhnen sich etwa an Geräusche wie den Staubsauger, verbinden menschliche Nähe mit Futter und lernen möglicherweise auch andere Haustiere wie Hunde kennen. Solche teilweise sozialisierten Katzen kommen meist gut mit dem Leben im Haus zurecht.

Allerdings können negative Erfahrungen in diesem sensiblen Alter – etwa Angst vor einem Hund oder eine schmerzhafte Begegnung mit einem überdrehten Kind – äußerst nachteilig sein. Wenn die Sozialisierung nicht behutsam und gezielt erfolgt, kann sie mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen.

Lesen Sie auch: Fading-Kitten-Syndrom: Ursachen, Symptome und Behandlung

Avatar photo

Dr. Joanna Woodnutt, MRCVS

Dr. Woodnutt ist Tierärztin für Kleintiere und Autorin für Katzenverhalten und -ernährung. Sie möchte Besitzern dabei helfen, mehr über ihre Haustiere zu erfahren, um das Wohlergehen der Tiere zu verbessern. In ihrer Freizeit führt Dr. Woodnutt Beratungen auf der kleinen Insel Guernsey durch.