Sehvermögen: Wer sieht besser Katzen oder Menschen?

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Frau hält ihre Britisch Kurzhaarkatze

Die Augen sind komplexe und faszinierende Strukturen – zugleich schön und geheimnisvoll. Unsere Fähigkeit, Licht wahrzunehmen und in Sehen umzuwandeln, ist beeindruckend. Katzenaugen wirken magisch – aber haben Sie sich je vorgestellt, wie die Welt aus der Sicht einer Katze aussieht? Und haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Ihre Katze ihre Umgebung wahrnimmt? Sieht sie genauso gut wie wir – oder vielleicht sogar besser?

Katzen sehen bei schwachem Licht besser als wir und verfügen über ein ausgeprägteres peripheres Sehvermögen. Dafür nehmen sie Farben weniger intensiv wahr, und ihre Sehschärfe auf größere Entfernungen ist eingeschränkt. Lesen Sie weiter, um mehr über das Sehvermögen von Katzen zu erfahren – und darüber, wie es sich von unserem unterscheidet.

Die Anatomie der Augen

Die Augen einer Katze haben besondere Merkmale, die es ihnen ermöglichen, entsprechend den Bedürfnissen der Katze zu funktionieren.

Katzenaugen unterscheiden sich sichtbar von unseren: Größe und Form, die Ausrichtung der Pupillen und auch die innere Anatomie dieser empfindlichen Strukturen weichen von denen des menschlichen Auges ab. Diese Unterschiede wirken sich direkt auf das Sehvermögen aus – und erklären, warum Katzen die Welt anders sehen als wir.

Die Netzhaut

Katzen haben mehr Stäbchen als Zapfen, was bedeutet, dass sie bei schlechten Lichtverhältnissen sehr gut sehen können.

Ein zentraler Unterschied zwischen den Augen von Menschen und Katzen liegt in der Netzhaut – der wichtigsten Gewebeschicht im hinteren Bereich des Auges. Sie enthält Fotorezeptoren, also Zellen, die das einfallende Licht aufnehmen und in elektrische Signale umwandeln. Diese Signale werden ans Gehirn weitergeleitet, wo sie zu den Bildern verarbeitet werden, die wir sehen.

Es gibt zwei Arten von Lichtrezeptoren: Stäbchen und Zapfen. Zapfenzellen ermöglichen das Sehen bei Tageslicht und die Farberkennung. Stäbchenzellen hingegen sind für das Sehen bei Dunkelheit und für das periphere Sehen zuständig.

Katzen – ebenso wie andere Säugetiere wie Hunde – haben einen hohen Anteil an Stäbchenzellen und vergleichsweise wenige Zapfen. Beim Menschen ist es genau umgekehrt: Unsere Netzhaut enthält mehr Zapfenzellen, was uns ein hervorragendes Farbsehen ermöglicht. Dafür sind wir bei schwachem Licht deutlich schlechter dran als unsere tierischen Begleiter.

Das dritte Augenlid

Das dritte Augenlid einer Katze schützt die Oberfläche des Augapfels vor Staub und Schmutz.

Katzen besitzen eine besondere Augenstruktur, die als Nickhaut oder drittes Augenlid bekannt ist. Sie besteht aus Gewebefalten, die von der Bindehaut überzogen sind, und liegt direkt vor der Hornhaut – also der äußeren Oberfläche des Auges. Ihre Funktion ist schützend: Die Nickhaut kann über das Auge gleiten, Schmutzpartikel entfernen und die Oberfläche mit einem schützenden Tränenfilm benetzen. Für Katzen ist das besonders hilfreich, da sie sich näher am Boden bewegen als wir – und ihre empfindlichen Augen somit eher mit Staub und anderen Partikeln in Kontakt kommen.

Pupillengröße und -form

Die elliptische Pupille einer Katze hilft bei der Tiefenwahrnehmung und der Entfernungseinschätzung während der Jagd.

Das menschliche Auge hat eine runde Pupille – so wie die Augen vieler anderer Tiere, etwa von Hunden oder Tigern. Katzen hingegen besitzen eine elliptische Pupille, die sich zu einem vertikalen Schlitz verengen kann. Diese Form ist typisch für Tiere, die nahe am Boden jagen und sich beim Beutefang besonders leise und gezielt heranschleichen.

Vertikale Pupillen unterstützen diese geschickten Jäger bei der Tiefenwahrnehmung und der genauen Einschätzung von Entfernungen – und das, ohne den Kopf bewegen zu müssen. Das ist ideal für die Tarnung. Interessanterweise haben größere Katzenarten wie der Tiger runde Pupillen – genau wie wir.

Was können Katzen eigentlich sehen?

Das Sehvermögen einer Katze ist in einigen Aspekten dem des Menschen überlegen, in anderen jedoch unterlegen.

Jetzt, da wir wissen, wie sich Katzenaugen von unseren unterscheiden, können wir uns ein Bild davon machen, wie Katzen ihre Umgebung wahrnehmen. Im Grunde sehen sie das Gleiche wie wir – nur eben auf ihre eigene, leicht abgewandelte Weise.

Das Gesichtsfeld

Das periphere Sehen einer Katze ist besser als das eines Menschen, was sie zu guten Jägern macht.

Wenn wir ein Objekt betrachten, umfasst das Gesichtsfeld alles, was wir in diesem Moment wahrnehmen können – also den Bereich um, über, unter und seitlich des Fokuspunktes. Beim Menschen liegt das Gesichtsfeld bei rund 180 Grad. Katzen hingegen verfügen über ein erweitertes Gesichtsfeld von etwa 200 Grad. Ihre höhere Anzahl an Stäbchenzellen trägt zusätzlich dazu bei, dass sie im peripheren Bereich besser sehen als wir.

Auch bei Katzen sind die Augen nach vorn gerichtet – wie bei uns. Doch das größere Sichtfeld ermöglicht es ihnen, mehr von ihrer Umgebung zu erfassen, was ihre Fähigkeiten als Jäger unterstützt. Außerdem erkennen Katzen Bewegungen deutlich besser als Menschen – ein Vorteil, wenn es darum geht, flink huschende Beutetiere wie kleine Nagetiere im Blick zu behalten.

Sehschärfe

Katzen können Dinge auf Distanzen über 6 Meter weniger deutlich sehen.

Im Vergleich zum Menschen haben Katzen ein deutlich eingeschränkteres Sehvermögen. Während wir problemlos Objekte in bis zu 60 Metern Entfernung scharf erkennen können, reicht der Fokusbereich bei Katzen nur etwa bis zu 6 Meter. Eine so hohe Sehschärfe ist für sie allerdings nicht nötig – denn Katzen setzen beim Jagen vor allem auf Heimlichkeit und nähern sich ihrer Beute meist lautlos bis auf kurze Distanz.

Farbsehen

haben katzen gefühle?

Niemand kennt den genauen Farbbereich, den Katzen sehen, aber er ähnelt wahrscheinlich dem von Menschen mit Rot-Grün-Farbenblindheit.

Menschen besitzen drei Arten von Zapfenzellen in der Netzhaut, mit denen wir die Farbtöne Rot, Grün und Blau wahrnehmen können. Deshalb gelten wir als „Trichromaten“. Auch Katzen sind technisch gesehen Trichromaten – allerdings ist ihre Zapfenzell-Dichte deutlich geringer, weshalb sie leuchtende Farben vermutlich kaum erkennen.

Ihre Wahrnehmung der Welt ist wahrscheinlich deutlich gedämpfter – eher in Pastelltönen als in kräftigen Farben – und erinnert möglicherweise an das Sehen eines farbenblinden Menschen. Das Farbspektrum einer Katze umfasst vermutlich vor allem Blau- und Gelbtöne. Farben wie Rot hingegen erscheinen ihr wahrscheinlich eher grau oder dunkel – ähnlich wie bei einer Person mit Rot-Grün-Schwäche.

Nachtsicht

Katzen haben nachts ein weitaus besseres Sehvermögen als Menschen, doch tagsüber ist ihr Sehvermögen schlechter als unseres.

Katzen sind dämmerungsaktiv – das heißt, sie sind vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung unterwegs, also genau dann, wenn das Licht am schwächsten ist. Ihr Sehvermögen bei Dunkelheit ist darauf abgestimmt: Dank der hohen Anzahl an Stäbchenzellen reagieren ihre Augen besonders empfindlich auf geringe Lichtverhältnisse. Dadurch kommen Katzen im Dunkeln deutlich besser zurecht als wir. Allerdings ist ihr Sehvermögen bei Tageslicht nicht so scharf ausgeprägt wie unseres.

Doch Katzen haben noch einen weiteren Trick, der sie bei ihren Aktivitäten in der Dämmerung unterstützt: das sogenannte Tapetum lucidum. Diese reflektierende Zellschicht hinter der Netzhaut wirft einfallendes Licht zurück – so bekommt es eine zweite Chance, von den Stäbchen oder Zapfen aufgenommen zu werden und zur Bildverarbeitung beizutragen. Übrigens: Das Tapetum ist auch der Grund dafür, dass Katzenaugen im Dunkeln so intensiv und leuchtend wirken.

Fazit: Wer hat die bessere Sehkraft?

Das menschliche Sehvermögen und das Katzensehvermögen sind auf die Bedürfnisse jeder Tierart abgestimmt.

Es ist gar nicht so einfach, das Sehvermögen von Mensch und Tier direkt zu vergleichen – und einen klaren Sieger zu küren. Katzen und Menschen haben jeweils ihre eigenen Stärken und Schwächen, denn unser Sehsinn ist auf die jeweiligen Lebensbedingungen und das Überleben unserer Spezies zugeschnitten.

Katzen sehen in der Ferne nicht besonders scharf und verfügen nur über ein eingeschränktes Farbspektrum. Dafür sind sie bei schwachem Licht klar im Vorteil und haben ein deutlich besseres peripheres Sehvermögen. Wir Menschen hingegen sind tagsüber und auf Distanz ausgezeichnete Seher – dafür ist unser Sichtfeld kleiner, und im Dunkeln stoßen wir schnell mal irgendwo dagegen.
Unterm Strich? Wahrscheinlich ein fairer Gleichstand – oder was meinst du?

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Dr. Lizzie Youens BSc (Hons) BVSc MRCVS

Lizzie arbeitet seit über zehn Jahren in der Haustierpraxis, in verschiedenen Positionen von kleinen ländlichen Zweigstellen bis hin zu großen Krankenhäusern. Außerdem liest sie gerne, arbeitet im Garten und verbringt Zeit mit ihren kleinen Töchtern. Für Cats.com berichtet sie über Katzenverhalten, Ernährung, Gesundheit und andere Themen.